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Die friulanische Emigration nach Österreich und Deutschland

Matteo Ermacora

Zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert waren Österreich und Deutschland die beliebtesten Ziele der friulanischen Emigration. Die Industrialisierungsprozesse, die Eröffnung der großen Baustellen des Wasser- und Eisenbahnbaus und die Entwicklung der großen städtischen Ballungsgebiete nördlich der Alpen haben die «traditionelle» Mobilität der Moderne stark verändert; die Migrationen im Winter der fliegenden Händler (die sogenannten «cramari» [Krämer]) und der karnischen Weber wurden durch neue «Saisons» der friulanischen Bauarbeiter ersetzt, die es zunächst in das nahegelegene Österreich (Kärnten, Steiermark, Tirol) und ab 1890 auch nach Bayern und Baden-Württemberg zog, wo sie vor allem in den Ziegeleien eine Beschäftigung fanden.



Im Laufe der 1880er Jahre stieg die Zahl der friulanischen Emigranten, die nach Österreich und Deutschland gingen, rasch an und erreichte eine Zahl von 50.000-60.000 Personen pro Jahr; nach Abschluss der großen Infrastrukturen kamen die Arbeiter im privaten Wohnungsbau zurecht: Die Entwicklung der Großstädte und der Ferienorte in Österreich und Deutschland war nur durch den Beitrag der geschickten friulanischen Unternehmer und der Migrationsketten möglich, die die berufliche Auswahl, die Einheit und den Zusammenhalt der Arbeitsgruppen garantierten. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs entwickelte sich die Emigration zu einem echten Massenphänomen, das die Gesellschaft und das Kollektivbewusstsein stark prägte; als integrativer Faktor wurde das Migrationssystem ein bedeutendes «Schwungrad» der friulanischen Wirtschaft: Die Geldsendungen ermöglichten eine spürbare Verbesserung der Lebensbedingungen und der Unterkünfte und trugen gleichzeitig zur landwirtschaftlichen und industriellen Entwicklung der Provinz bei; die Bergflucht wurde abgeschwächt. Obwohl die Emigration in die deutschsprachigen Gebiete durch negative Elemente (Streikbruch, Betrug, Ausbeutung von Frauen und Minderjährigen, Alkoholismus, schwierige Integration) geprägt war, hatte sie auch fruchtbare Auswirkungen. Man denke nur an die fortschreitende Alphabetisierung und Professionalisierung der Arbeiter, das Eindringen der sozialistischen Ideen und des Gewerkschaftsmodells in das Umfeld der Arbeiter aus dem Berggebiet; parallel dazu wurden Prozesse der Säkularisierung und der Abwendung von der Kirche unter den saisonalen Emigranten zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert sichtbar. Das entstandene Gleichgewicht wurde jäh durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs unterbrochen, der etwa 80.000 Emigranten zur Rückkehr in ihre Heimat zwang. Es war das Ende einer Epoche: Nach dem Krieg konnten die Mittelmächte den friulanischen Emigranten keine Beschäftigungsmöglichkeiten mehr bieten, die daher gezwungen waren, nach Frankreich, Belgien und Rumänien auszuwandern oder den Ozean in Richtung Argentinien oder Vereinigte Staaten zu überqueren. Nach einer kurzen Belebung Mitte der 20er Jahre begaben sich die friulanischen Emigranten erst wieder zwischen 1938 und 1943 ins Dritte Reich; und zwar im Rahmen der vom faschistischen Regime organisierten Migrationen, die auf die Festigung des deutsch-italienischen Bündnisses und die Linderung der Arbeitslosigkeit ausgerichtet waren. Während Österreich nach dem Krieg seine Bedeutung in den Migrationsprojekten einbüßte, war die Bundesrepublik ab Mitte der 50er Jahre ein attraktives Ziel; nach einer ersten Phase, die von Regierungsvereinbarungen geprägt war, die die Beschaffung von Bauarbeitern, Hilfsarbeitern, Bergleuten und Landarbeitern vorsahen, benötigte der Bergbau und die Metallindustrie der südwestlichen Bundesländer (Bayern, Baden-Württemberg) in den Jahren des Wirtschaftswunders Tausende Bauarbeiter, Bergleute, Handwerker, Fabrikarbeiter, Elektriker und Drechsler. Die mehrjährigen saisonalen Verträge schränkten die Integration der immigrierten Arbeiter ein, die die Beschäftigungsmöglichkeit als eine temporäre Erfahrung nutzten. Mitte der 70er Jahre begünstigten die wachsenden Schwierigkeiten der deutschen Wirtschaft, das Erdbeben im Friaul und die Entstehung eines regionalen Arbeitsmarktes die Rückkehr der Emigranten in ihre Heimat und beendeten gleichzeitig diese Art der Migration.

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